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Projektdaten:

  • Titel: Junge Wortklauber
  • Bündnispartner 1: Auf Carl gGmbH, c/o Zeche Carl, Wilhelm-Nieswansdt-Allee 100, 45326 Essen
  • Bündnispartner 2: Leibniz-Gymnasium Essen, Stankeitstr. 22, 45326 Essen
  • Bündnispartner 3: Friedrich-Bödecker-Kreis NRW, Wülfrather Str. 2, 42579 Heiligenhaus
  • Autorenpate: Tobias Steinfeld geb. 1983, lebt in Düsseldorf. Er studierte Germanistik und Kommunikationswissenschaften. Heute leitet er Schreibwerkstätten für Jugendliche. Seine Geschichten und Theaterstücke wurden mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Osnabrücker Dramatikerpreis und dem Mannheimer Feuergriffelstipendium. Im Februar 2018 erschien sein Roman „Scheiße bauen: sehr gut“ (Stuttgart, Thienemann).
  • Autorenpate: Pascal Bovée geboren 1980, hat Kommunikations- und Politikwissenschaften studiert sowie seit 2017 Literarisches Schreiben und Lektorieren. Seit 2006 arbeitet er als freier Autor und Dozent mit Jugendlichen. Seine künstlerischen Arbeiten sind im Grenzbereich von Lyrik, Spiel und medialer Performance anzusiedeln und mehrmals ausgezeichnet worden. Er war u.a. Stipendiat der Film- und Medienstiftung NRW, Schreibresident am choreographischen Zentrum PACT Zollverein in Essen und realisierte eine Reihe von Hörspielprojekten im öffentlichen Raum für Kinder wie für Erwachsene.
  • Zeitraum: 01.07.2018 - 31.12.2018
  • Format: Modul 2 (halbjährig)
  • Ort: Essen
  • Bundesland: Nordrhein-Westfalen
 

Downloads und Presselinks zur Autorenpatenschaft Nr. 79


Über nachfolgende Links können Sie sich Pressemitteilungen anschauen und das Buch mit den Projektergebnissen nach Fertigstellung als PDF runterladen. Zur Ansicht wird ein PDF Reader benötigt.

Download des Buchs (PDF)

Autorenpatenschaft Nr. 79

Cover der Autorenpatenschaft Nr. 79

 

Projektbeschreibung

Im Projekt erproben sich die jungen Autoren im Schreiben von Blog-Beiträgen als besondere Form zwischen Journalismus und Literatur. Sie lernen die Grundlagen (Recherche, Besonderheiten des Bloggens, wie baue ich einen Text auf etc.) und erarbeiten sich aus ihrem eigenen Alltag/ihren eigenen Erfahrungen Ideen für Themen, über die es sich zu schreiben lohnt (Themen-/Ideenfindung). So trainieren die Teilnehmer, für sie relevante Themen in eine spannende journalistisch-literarische Form zu bringen.

Ergänzend zum eigentlichen Schreiben, Diskutieren der Texte und überarbeiten üben sich die Jugendlichen darin, passende Bilder zu den Blogbeiträgen zu finden, aufzunehmen, ggf. auch um Zeichnungen zu ergänzen.

Zusätzlich zur Buchveröffentlichung haben die Teilnehmer die Möglichkeit, ihre Beiträge auf dem Blog der Zeche Carl zu veröffentlichen.

 

Bilder

Für diese Autorenpatenschaft liegt uns leider kein digitales Bildmaterial vor. Schauen Sie doch mal in das entstandene Buch!

 

Texte der Autorenpatenschaft Nr. 79


1. Daniela

Nachbarn. Sie sind diejenigen, die Blumen im Vorgarten gießen. Diejenigen, die dir nett winken, wenn sie an dir vorbeijoggen. Doch diese Nachbarschaft, in der ich wohne, ist anders. Ich bin sicher, jeder von ihnen – vom freundlichen Jurastudenten in Nummer Vier, bis hin zur unscheinbaren Oma in Hausnummer Zwölf – hat ein Geheimnis. Ich bin weder Ärztin, Anwältin oder Architekt (wie mein absolut undankbarer Gatte), aber ich bin nicht blöd. Dass Jennas Haarfarbe offensichtlich nicht ihre natürliche ist … geschenkt. Solche Kleinigkeiten sollen nicht meine Buchseiten füllen. Es geht um richtige Geheimnisse. Und ich brenne darauf, diese zu erfahren.

In Gedanken versunken schneide ich Gemüse. Wenn Christopher nach Hause kommt, erwartet er seine Suppe. Früher war es die Bürde der Frau, solche Sklavendienste zu erledigen. Die Zeiten haben sich geändert. Mein Mann hat es nicht.

Gott bin ich froh, wenn ich hier fertig bin. Ob mir der ein oder andere fehlen wird? Aaron, der nette Kiffer von nebenan, der niemals auf die Idee kommen würde, dass ich seine roten Augen durchschaut habe. Zoé, die ständig umherschleichende Obdachlose, aus den Tiefen der Unterschicht. Ich glaube, Marvin wird mir fehlen. Er ist zwar nur der Nachbarsjunge, aber er ist für mich wie ein Sohn. Christopher wollte nie Kinder. Vielleicht darf ich ja den Unfall mit seiner knapp bekleideten Sekretärin adoptieren, der sicherlich bald passieren wird, je nachdem wie viele seiner Aktentaschen-Kondome ich noch durchlöchere.

Ich sehe auf der Fensterbank das Foto von ihm und mir in Paris. Ich war schlank, schön und immer zu Diensten. Was geblieben ist, kann man sich denken. Vor allem, wenn man mich auf der Waage sieht.

Es klingelt an der Tür. Bestimmt wieder ein verlorener Schlüssel oder ein Rattenproblem im Keller. Durch den Spion sehe ich eine wuschelige braune Mähne oben, weiße Sneakers unten. Er hat smaragdgrüne Augen. Aaron. Der perfekte Kiffer, ähhhmm … ich meine Jurastudent …

„Hi Frau Klappmann. Ich habe hier einen Wein für Sie“, begrüßt er mich und reicht mir eine Flasche. Teures Tröpfchen.

Da ist was faul! „Danke, aber …“, stammle ich, während ich die Flasche begutachte. „Wofür?“

„Naja“, sagt er, „ich weiß, ich habe jetzt zum dritten Mal zu spät Miete gezahlt und Sie waren so kulant …“ Er dreht sich um und will gehen.

„Bleib doch noch ein bisschen. Ich habe Kuchen gebacken.“ Er folgt mir und schließt die Tür hinter sich. Perfekter Stoff für mein Buch!

Fabienne Ruczinski


2. Marvin

Marvins Tag verlief mal wieder alles andere als optimal. Er hatte genug von Menschen und wollte nun an den einzigen Ort gehen, an dem er sich wohlfühlte: Der Wald. Er schaute sich um, stellte seine Tasche auf den mit Moos bedeckten Boden und zückte die Kamera. Es war ein Erbstück seiner Mutter. An einem Baum, ungefähr 50 Meter von ihm entfernt, sah Marvin ein Eichhörnchen. Sein Herz pochte. Ein Eichhörnchen war ihm noch nie vor die Linse gekommen. Marvin nahm ein paar Nüsse, lief Richtung Eichhörnchen und warf sie ihm zu. Es näherte sich langsam, um die Nüsse aufzunehmen. Marvin fing instinktiv an, langsam mit der Zunge zu schnalzen. Das erinnerte an Eichhörnchengeräusche. Das Eichhörnchen blickte neugierig in Marvins Richtung und das war für ihn der Moment, in dem er abdrückte.

Plötzlich hörte er eine Stimme hinter sich: „Das ist ja der Hammer! Sag mal, kannst du mir das beibringen?“ Marvin drehte sich um und bemerkte, wie ein ungefähr gleichaltriger Junge neben ihm stand und ihn beeindruckt anlächelte. Sofort fielen ihm die weißen Haare auf, die im Kontrast zu dem grauen Hoodie und der schwarzen Joggingshose standen. Marvin bemerkte auch die grünen Augen. So ein kräftiges Grün hatte er noch nie als Augenfarbe gesehen. Abgehetzt stand Marvin vom Boden auf. Es kam ihm gerade so vor, als hätte ihn jemand bei einer Straftat erwischt. Zumindest war die Ruhe und Entspannung plötzlich wie weggeblasen und zurück kamen Unsicherheit und Verkrampfung. Die Person bemerkte wohl, dass Marvin sich ein bisschen überfallen fühlte. „Entschuldigung, ich wollte dich nicht erschrecken. Hey, du wohnst doch in meiner Nachbarschaft! Bist du nicht der Enkelsohn von Norbert?“

Marvin starrte auf den Boden und nickte. „Ja, ich bin Marvin“, murmelte er.

„Stimmt! Ich sehe dich morgens immer, wenn du mit dem Bus in die Stadt fährst. Du schaust meistens nur auf den Boden.“

Marvin kam das fast wie ein Vorwurf vor. „Ja, ich weiß. Du hältst mich bestimmt für total arrogant deswegen.“ „Warum sollte ich? Du wirkst auf mich eher nachdenklich und noch schläfrig. Ich bin übrigens Connor. Aber sag mal, Marvin: Wie hast du das hingekriegt?“

„Ich weiß einfach in den richtigen Momenten, wie ich mit den Tieren umgehen muss. Ich habe da so einen …“

„… Instinkt?“, fragte Connor.

„Ja, genau. Instinkt“, antwortete er selbstsicher. „Und hier kann ich schöne Fotos machen und bin endlich weg von anderen Menschen.“

Connor fing wieder an zu grinsen. „Ah, ein Menschenhasser. Sehr angenehm.“

Marvin fühlte sich plötzlich missverstanden.

Connor lachte. „Hey ganz ruhig, ich weiß schon, was du meinst. Und du bist Berufsfotograf?“

Marvin hatte noch nie so ein Kompliment bekommen. Connor blickte schon fast wie gebannt auf Marvins Kamera. „Du kannst gern mal vorbeikommen. Darf ich deine Fotos mal sehen?“

„Eigentlich nicht so …“ Bevor er den Satz vollenden konnte, nahm Connor langsam die Kamera aus Marvins Händen. „Ist das nicht die Katze von Daniela?“, fragte Connor aufgeregt.

„Ja, die ist sehr zutraulich und scheint mich zu mögen. Ich

hab tatsächlich jede Katze in unserer gesamten Nachbarschaft fotografiert“, entgegnete er Connor stolz. „Den Rest habe ich zu Hause in einem Fotobuch.“ Connor starrte Marvin mit Begeisterung an. „Ich habe meine Meinung geändert. Du kannst nicht mehr vorbeikommen.“ Connor entfernte die Hand von Marvins Schulter. Sein Herz rutschte in die Hose. Hatte er etwas Falsches gesagt? Sein Körper fühlte sich benommen an nach diesem Rückschlag und er dachte, dass er gleich heulen müsse. „Du MUSST vorbei kommen!“, ergänzte Connor.

Bei Marvin fand gerade eine Achterbahnfahrt der Gefühle statt. Er war erleichtert und wurde wieder lockerer.

„Ich liebe Katzen! Und ich wusste gar nicht, dass es so viele Katzen in unserer Nachbarschaft gibt.“ Plötzlich klingelte Connors Handy. „Ja, ich beeile mich … Ja, ja chill mal bitte, ich bin in ungefähr 15 Minuten da.“ Er legte auf. „Sorry Marvin, die Menschheit ruft. Was hältst du von morgen 20 Uhr? Du zeigst mir die Katzenfotos und ich zeige dir meine Vogelspinne.“ Marvin dachte länger nach und antwortete dann knapp: „Gerne.“

Dustin Heye

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