Die Gesellschaft in Geschichten IV – Thema: Diskriminierung

Projektdaten:

  • Titel: Die Gesellschaft in Geschichten IV - Thema: Diskriminierung
  • Bündnispartner 1: Magnus-Gottfried-Lichtwer Gymnasium, Am Gymnasium 3, 04808 Wurzen
  • Bündnispartner 2: Kulturhistorisches Museum Wurzen, Domgasse 2, 04808 Wurzen
  • Bündnispartner 3: Friedrich-Bödecker-Kreis im Freistaat Sachsen e. V., Neue Straße 1c, 04703 Leisnig OT Börtewitz
  • Autorenpate: Thomas Seifert, geboren 1980 in Eisenach, lebt und arbeitet in Leipzig. Er studierte Theaterwissenschaft, Philosophie und Afrikanistik an der Uni Leipzig. Er veröffentlichte Lyrik in Literaturzeitschriften (u.a. im Palmbaum), Publikationen (u.a. in der Anthologie des Feldkircher Lyrikpreises) und Tageszeitungen (u.a. in der Thüringer Allgemeinen) und arbeitete als Journalist, Theater- und Filmkomparse, Lagerarbeiter, Promoter, Hausmeister, Galeriebetreuer und Modell. Seit 2015 ist Seifert freischaffender Schriftsteller und Photosoph. Er ist Herausgeber der Edition Picknicklyrik und Begründer des Schriftsteller- Leser*innen-Kollektivs, in dem sich der/die Leser*in aktiv in den Schreibprozess des Schriftstellers mit einbringen kann. Seifert erhielt 1998 das Stipendium des Parlamentarischen Patentschafts-Programms, 2009 den Wolfgang-Natonek-Preis der Universität Leipzig und 2020 Denkzeit-Stipendium des sächsischen Kultusministeriums. Seifert führt Kreativschreibworkshops und Lesungen seit 2003 durch. Seit 2016 organisiert er hauptverantwortlich den Schreibwettbewerb am Martin-Luther-Gymnasium Eisenach.
  • Zeitraum: 06.02.2023 - 22.12.2023
  • Format: Modul 1 (ganzjährig)
  • Ort: Wurzen
  • Bundesland: Sachsen

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Inhalt des Buchs

Cover des Buchs

Projektbeschreibung

Ziel der Schreibwerkstätte „Die Gesellschaft in Geschichten IV - Thema: Diskriminierung“ ist es einerseits, kompetent über das Thema „Diskriminierung” aufzuklären und für dieses Thema die Kinder und Jugendlichen zu sensibilisieren. Hierbei steht der Verein „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage, Leipzig”, welcher bereits als Bündnispartner bei dem Schreibworkshopprojekt 2021 mit den Themen „Rassismus/Rechtsextremismus” agierte, beratend zur Seite. Dem Lichtwer Gymnasium wurde 2018 der Titel „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ verliehen und damit sieht sich die Schule in der Verantwortung für Toleranz und Weltoffenheit gegen Diskriminierung und Rassismus einzustehen. Auch in dem Schreib- und Karikaturenworkshop im Juni/Juli, welcher sich intensiv mit dem Schaffen eines der größten Söhne der Stadt Wurzen, dem Schriftsteller Joachim Ringelnatz (1883-1934) widmen wird, soll das Thema „Diskriminierung“ anhand von Ringelnatz-Gedichten aufgegriffen, reflektiert und in eigenen Texten wiedergegeben werden. Parallel dazu sollen die neu geschriebenen Gedichte illustriert werden. Für den Schreibwerkstätten-Exkurs zu Ringelnatz ist eine Zusammenarbeit mit dem Joachim-Ringelnatz-Verein e.V. geplant. Hierfür können auch noch weitere Kinder und Jugendliche aus der Stadt Wurzen und Umgebung für eine Teilnahme gewonnen werden. Andererseits sollen die Kinder und Jugendlichen im Laufe der Schreibwerkstätten kreative Texte erarbeiten. Dabei sollen vielfältige Taktiken und Methoden der Kreativität zur Erstellung von eigenen Texten ausprobiert und erlernt werden. Der Schwerpunkt beim Erstellen der Texte liegt dabei auf der Figurenzeichnung, dem Beschreiben von Raum, Zeit und Ort, sowie dem auf Erstellen eines Schreibglossars und dem korrekten und kreativen, Umgang mit der deutschen Sprache. Ergebnis der Schreibwerkstätten sollen dann mehrere, selbst geschriebene Geschichten mit inhaltlichen Bezügen zu dem Thema „Diskriminierung” sein, welche in einer Buchpublikation veröffentlicht werden sollen.

Bilder zur Autorenpatenschaft

Texte der Autorenpatenschaft

Die Rettung
Plötzlich wachte sie auf. Es war um vier. Still lag sie in ihrem Bett, schweißgebadet und mit Tränen in den Augen. Schon wieder der gleiche Alptraum wie jede Nacht. Jeden Tag machte sie das durch, diese Angst davor einzuschlafen, nur um wieder von ihren Alpträumen heimgesucht zu werden. Langsam normalisierte sich ihr Atem wieder und sie schloss ihre feuchten Augen.
Als die Sonne durch das Fenster in ihr dunkles Zimmer schien, öffnete sie erneut die Augen. Langsam kroch sie aus ihrem Bett. Sie lief hinüber zu ihrem Kleiderschrank und holte einen schwarzen Hoodie und eine schwarze Jeans heraus. Danach band sie sich die Haare zu einem schnellen Dutt zusammen. Als sie ihre Küche betrat, wartete schon ihr Hund Fluffi auf sie. Ein kleines Lächeln erschien in ihrem Gesicht. Doch das Lächeln verschwand so schnell wieder, wie es gekommen war, wenn sie daran dachte, dass Fluffi der Einzige war, der sie verstand und so mochte, wie sie war. Ihm konnte sie alles erzählen. Er lachte sie niemals aus oder ließ sie nicht ausreden. Sie setzte sich mit ihrer Tasse Kakao auf einen Stuhl und schaute Fluffi beim Essen zu. Plötzlich liefen wieder Tränen ihre Wangen herunter, als sie daran dachte, wie es wohl wäre, wenn er nicht mehr da wäre. Dann würde sie wieder ganz allein sein.
Mit zittrigen Händen schloss sie die Eingangstür hinter sich. Am liebsten hätte sie die Tür jetzt gleich wieder aufgeschlossen und den ganzen Tag mit Fluffi in ihren Armen verbracht. Doch sie hatte sich selber versprochen, stark zu bleiben und nicht aufzugeben.
Kaum hatte sie den Schulhof betreten, spürte sie einen kräftigen Tritt in den Rücken, wodurch sie zu Boden fiel. Lautes Gelächter war zu hören, und sie wusste genau, zu wem dieses gehörte. Es war niemand geringeres als ihre Mitschülerin Lara, die mit hochnäsiger Miene auf sie herunterschaute. Sie spürte die Blicke der anderen Schüler auf sich. Am liebsten wäre sie jetzt im Boden versunken.
Doch das Einzige, was sie gerade tun konnte, war, das alles über sich ergehen zu lassen. Da meldete sich auch schon Lara: „Na, wen haben wir denn da? Bist du etwa hingefallen? Warte, ich helfe dir hoch.“ Lara streckte ihr ihre Hand entgegen. Sie nahm sie und war gerade am Aufstehen, als Lara plötzlich losließ. In dem Moment, als sie wieder auf dem Boden lag, merkte sie, wie dumm es eigentlich von ihr war zu denken, dass Lara ihr jemals helfen würde. Als sie ihre Haustür öffnete, kam Fluffi schwanzwedelnd auf sie zu gerannt. Nach ein paar Streicheleinheiten ging sie ins Badezimmer und verriegelte die Tür. Danach blickte sie in den Spiegel. Darin sah sie nur einen Schatten von jemandem, um den sich niemand scherte.
Jemand, der nur allen hinterherlief, aber den niemand bemerkte. Langsam glitt sie an der Wand hinter sich hinunter und rollte sich zu einer Kugel zusammen. Vor der Badezimmertür hörte man ein leises Bellen und das Kratzen von Krallen. Sie wusste, dass Fluffi sie trösten wollte, so wie er es immer tat, wenn sie von der Schule zurückkam, aber heute wollte sie einfach gar nichts mehr tun. Sie schloss ihre Augen und hoffte, nie mehr aufzuwachen.
Sie öffnete ihre Augen, als sie draußen laute Stimmen singen hörte. Sie lief zum Fenster und schaute zum Stadion hinüber. Aus dem Stadion schienen lilafarbene Lichter. Sie wollte gerade das Fenster schließen, als sie ein Plakat mit der Aufschrift BTS bemerkte. In dem Moment hörte sie, wie die Stimmen im Stadion BTS Borahae riefen. Plötzlich startete ein Feuerwerk und im Himmel erschien ARMY und BTS FOREVER. Sie merkte, wie sich Gänsehaut auf ihrem Körper ausbreitete und wie Tränen ihre Wangen herunterrollten, aber diesmal nicht aus Trauer, sondern aus Freude. Dieses Gefühl hatte
sie das letzte Mal, als ihre Eltern noch lebten, was jetzt schon zehn Jahre her war. Sie legte ihren Kopf auf das Fensterbrett und lauschte den Klängen, die aus dem Stadion kamen.
Am nächsten Tag stand sie sehr früh auf und setzte sich mit ihrem Handy auf die Couch. Fluffi legte sich auf ihren Schoss. Sie ging zu Google und gab BTS ein. BTS war eine südkoreanische Boyband. Sie verbrachte den ganzen Tag damit, sich Bilder und Videos von ihnen anzuschauen. Am Abend, als sie in ihrem Bett lag und an die Decke starrte, stellte sie erschrocken fest, dass sie den ganzen Tag nicht einmal geweint, sondern nur gelacht und gelächelt hatte. Zufrieden schloss sie die Augen. In dieser Nacht war sie nicht einmal wegen eines Alptraums aufgewacht.
Am nächsten Tag aber packte sie wieder die Angst davor, zur Schule zu gehen, da sie wusste, dass der Tag wieder einer ihrer schlimmsten werden würde. Auf dem Weg zur Schule lief sie aus Versehen in eine andere Person hinein, wobei ihre Kopfhörer herausfielen. Die Person drehte sich um und lächelte sie an. Sie sagte erstmal kein Wort und überlegte, ob sie gerade träumen würde, denn es war das erste Mal, dass sie jemand so anlächelte. Da sagte das Mädchen: „Hi,
mein Name ist Jasmine. Ich sehe, du magst BTS genau wie ich. Willkommen in der Familie!“
Jasmine legte den Arm um ihre Schulter und gab ihr ihre Kopfhörer zurück. Sie zuckte kurz bei der Berührung zusammen, doch dann mochte sie es doch. Und so begann die Freundschaft zwischen ihr und Jasmine. Jasmine wurde zu ihrer besseren Hälfte, das komplette Gegenteil von ihr. Langsam bemerkte sie, dass durch Jasmine ihr verschwundenes Ich wiederkam, das Ich, was sie vor Jahren verloren hatte. Das Ich, was lachte und lächelte. Zusammen gingen zu ARMY-Treffen, so werden die Fans von BTS genannt. Gemeinsam pflanzten sie Bäume oder taten Sachen, die anderen Menschen helfen konnten. Schnell wurden die ARMYS zu ihrer zweiten Familie. Durch ihre Hilfe fand sie zurück zu sich selbst und schaffte es auch, sich gegen Lara zu wehren.
Heute stand sie zwischen tausenden ihrer Familienmitglieder und sang und schrie mit ihnen zusammen. Auf der Bühne sah sie ihre Retter, die sie davon abhielten, alles zu beenden. Diese sieben normalen Jungs aus Korea, die einfach nur Musik machten. Doch für sie waren die Sieben mehr als nur normale Jungs, für sie waren sie Engel, die auf die Erde gekommen waren, um sie zu finden und ihr zu zeigen, dass es noch Menschen gab, die sie so mochten, wie sie war, und die an ihrer Seite stünden, egal was passieren würde. Sie hoffte, dass auch die anderen Mädchen oder Jungen, die genauso fühlten wie sie, jemanden träfen, der sie in der richtigen Minute finden und retten würde. Jeder hat es verdient, gemocht zu werden, egal wer er ist. Als sie wieder zuhause war, schloss sie Fluffi ganz fest in ihre Arme und küsste seine Nase.
von Alina Klimek, 15 Jahre


Vitiligo
Hi, ich bin Elisa und ich habe oder hatte ein Problem, und von diesem will ich heute in meiner Geschichte erzählen. Als ich in der 12. Klasse war, wurde ich regelmäßig wegen meiner Hautkrankheit namens Vitiligo gemobbt. Diese sieht so aus, als hätte man hellere Flecken, so wie bei dem Fell einer Kuh. Ansonsten bin ich ein normales Mädchen, und jetzt sollte ich euch meine Geschichte erzählen.
Ich hatte wenige, aber sehr gute Freunde, obwohl … naja. Einmal nach dem Sportunterricht, als ich duschen wollte, haben alle Mädchen angefangen, über mich zu lachen. Ich verstand gar nichts, denn dies passierte noch nie. Ich schämte mich und ich zog mich schweigend um. Als ich am nächsten Tag in die Klasse kam, war an der Tafel ein Foto von mir, worauf ich mit Unterwäsche zu sehen war. „Hahaha, du Kuh“, sagte einer meiner Klassenkameraden – und
nun sah ich, dass all meine riesigen Flecken auf dem Bild zu sehen waren. Ich erstarrte und konnte mich nicht mehr bewegen, Tränen liefen mir übers Gesicht, bis unsere Lehrerin, Frau Kramer, reinkam.
Als ich am Nachmittag sah, dass dieses Foto sogar ins Internet gestellt wurde und 1.000.000 Klicks erreicht hatte, wollte ich nie mehr in die Schule gehen. Meine Mutter gab mir einen dicken Pulli mit Kapuze und eine lange Hose, sodass niemand mehr meine Flecken sehen konnte. Nach einem Monat meinte unsere Lehrerin, dass es einen Abschlussball geben würde, doch niemand wollte mit mir dort hingehen. Das war ja klar, dachte ich mir, bis der beliebteste Junge unserer Klasse, Jonas, mich darauf ansprach und wir uns zum Ball verabredeten.
Ich hatte mich so darauf gefreut, bis ein Junge namens Michael vor meiner Tür stand, um mir zu sagen, dass das mit Jonas alles nur eine Mutprobe war und er das nicht ernst gemeint hätte. Ich war am Boden zerstört und rannte weinend in mein Zimmer. Am nächsten Tag wollte ich mich beruhigen und habe mir ein Ballkleid gekauft.
Doch so schön fand ich es nicht, also habe ich etwas dazu genäht. „Wow!“, sagte ich laut. Das Kleid war nun perfekt – rosa, mit vielen Perlen, die perlmuttfarben leuchteten. Dazu kaufte ich mir ein kleines Diadem, das silbern glänzte. Als der Tag des Abschlussballs gekommen war, machte ich mich fertig und alles schien perfekt, bis auf die Tatsache, dass niemand mit mir tanzen wollte. Plötzlich kam die Durchsage: „Bitte alle Schüler in die Aula kommen.“ Wir gingen alle in die Aula, und Herr Kurt, der Direktor, sagte: „Willkommen zur Wahl des Prom-Paars. Bitte wählt alle ein Mädchen und einen Jungen.“
Als alle ihre Stimme abgegeben hatten, wurden die Top 4 auf die Bühne gerufen, und zu meiner großen Überraschung war ich auch dabei. Ich war verwirrt und glücklich zugleich. Auf der Bühne standen Michael, ein Mädchen namens Lilli, Jonas, der die Mutprobe machte, um mich zu ärgern, und ich. Es wurde spannend und ich konnte es nicht glauben, denn ich wurde zusammen mit Michael zum Prom-Paar gewählt. Ich konnte es nicht fassen, weil ich doch
immer gemobbt wurde.
„Wie ist es möglich, dass ich Prom Queen bin?“, fragte ich mich, bis alle meine Klassenkameraden zu mir kamen und mir alles erzählten. Auch Jonas hatte sich mit der Erklärung entschuldigt, dass ich doch so schön sei. „Ey, das ist alles ein Missverständnis. Und es stimmt, du bist so schön, dass wir den Überblick verloren haben und nicht mehr wussten, was gut und was schlecht war.“ Es stellte sich nämlich heraus, dass alle neidisch waren. Es verging ein wenig Zeit und wir lernten uns neu kennen, wie bei einem Neuanfang.
von Enya Morawe, 11 Jahre

Markus, der völlig Außerirdische
In einer kleinen Stadt namens Vielfaltia lebten Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kulturen. Die Bewohner dieser Stadt schätzten die Vielfalt und lebten in Harmonie miteinander. Doch eines Tages zog ein Fremder, namens Markus, in die Stadt. Markus war anders als die meisten Bewohner. Er hatte eine Hautfarbe, die in Vielfaltia selten war, und sprach eine andere Sprache.
Anfangs begegneten die Bewohner Markus mit Misstrauen und Vorurteilen. Sie behandelten ihn anders, weil er anders aussah und sprach. Markus fühlte sich unwohl und allein. Doch dann begannen einige Kinder in Vielfaltia, Markus zu besuchen und mit ihm zu spielen. Die Kinder achteten nicht auf äußerliche Unterschiede. Sie sahen Markus als einen neuen Freund und akzeptierten ihn, wie er war. Durch die unschuldige Freundschaft der Kinder begannen die Erwachsenen in Vielfaltia nach und nach, ihre Vorurteile abzubauen.
Sie erkannten, dass es falsch war, jemanden aufgrund äußerlicher Merkmale zu diskriminieren. Die Bewohner der Stadt begannen, Markus in ihre Gemeinschaft aufzunehmen und sich für seine Kultur zu interessieren. Mit der Zeit wurde Markus ein geschätzter Teil von Vielfaltia, und die Stadt wurde noch vielfältiger und toleranter.
von Oskar Zaspel, 12 Jahre

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