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Projektdaten:

  • Titel: Spuren der Armut – der doppelte Stadtplan
  • Bündnispartner 1: Jugendtreff 362, Neusser Str. 362, 50733 Köln
  • Bündnispartner 2: Erich-Kästner-Gymnasium, Castroper Str. 7, 50735 Köln
  • Bündnispartner 3: (Junges) Literaturhaus Köln, Großer Griechenmarkt 39, 50676 Köln
  • Bündnispartner 4: Friedrich-Bödecker-Kreis NRW, Wülfrather Str. 2., 42579 Heiligenhaus
  • Autorenpatin: Christina Bacher kann auf zahlreiche Veröffentlichungen für Kinder und Jugendliche zwischen 5 und 13 Jahren verweisen. Sie führt seit vielen Jahren Lesungen durch und leitet Schreib- und Erzählwerkstätten in Schulen und Bibliotheken für Kinder und Jugendliche der 3. – 7. Klassen, außerdem war sie Stipendiatin des Kölner Kulturamts und Inselschreiberin auf Juist. Als Chefredakteurin der Straßenzeitung DRAUSSENSEITER beschäftigt sie sich seit mehr als zehn Jahren mit Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen und vermittelt das Thema Armut auch in Schulen, u.a. durch Lesungen aus der Sicht der fiktiven Figur des „Klamotten-Heinz“ (Köln trotz(t) Armut).
  • Zeitraum: 16.01.2019 - 30.08.2019
  • Format: Modul 2 (halbjährig)
  • Ort: Köln
  • Bundesland: Nordrhein-Westfalen
 

Downloads und Presselinks zur Autorenpatenschaft Nr. 93


Über nachfolgende Links können Sie sich Pressemitteilungen anschauen und das Buch mit den Projektergebnissen nach Fertigstellung als PDF runterladen. Zur Ansicht wird ein PDF Reader benötigt.

Presse

Download des Buchs (PDF)

Autorenpatenschaft Nr. 93

Cover der Autorenpatenschaft Nr. 93

 

Projektbeschreibung

Armut hat viele Gesichter. Es macht eben einen Unterschied, ob man arm ist in Tansania oder in Köln auf der Straße lebt. Wie sehen die unterschiedlichen Gesichter der Armut aus? Gibt es sowas wirklich direkt vor unserer Haustür? Wie leben Menschen ohne Dach über dem Kopf? Wohin können sie sich wenden? Und aus welcher Perspektive nehmen sie ihre Umgebung wahr, sozusagen von „ganz unten“? Dass knapp ein Viertel der KöIner von Armut bedroht ist, hat das Ergebnis einer aktuellen Umfrage der Stadt Köln ergeben. Diese Menschen leben mitten unter uns. Was denkt ein Mädchen, das aus Geldknappheit nicht mit auf Klassenfahrt kommen kann? Wie geht es einem Jungen, wenn er nur gebrauchte Klamotten bekommt? Durch Gespräche, Begegnungen, bei der Lektüre entsprechender Literatur und auf Exkursionen schauen wir uns diesen „doppelten Stadtplan“ an. Das wird uns Impulse geben für eigene Texte zum Thema.

 

Bilder

 

Texte der Autorenpatenschaft Nr. 93


Der doppelte Stadtplan

Die Straße ist ein Ort mit vielen Geschäften, Läden, Verkehrsmitteln und Menschen. Stelle dir vor, du gehst eine Straße entlang, eine total belebte Straße. Dir kommen wie immer Menschen entgegen, mal in Hektik, mal gelassen, mal mit einem Kinderwagen oder einem Fahrrad. Du gehst zielstrebig in einen Laden hinein und kommst nach einer Weile wieder heraus. Und jetzt gehst du denselben Weg nochmal. Du gehst an den Geschäften vorbei und richtest deinen Blick ausnahmsweise mal nach unten. Achte auf die Menschen, die am Boden sitzen. Die, die betteln müssen, um zu überleben, manche haben einen Hund dabei und einen Kaffeebecher, manche halten ein Schild mit einem Spruch zum Betteln hoch. Du gehst in den Laden, in den du schon mal gegangen bist. Als du rauskommst, steht da ein Mann mit einem Kaffeebecher in der Hand. Du gehst schneller und kannst nur mit Mühe die Tränen zurückhalten. Anschließend sitzt du in der U-Bahn auf dem Weg nach Hause. Alles ist genauso wie sonst, nur eins ist neu: Du hast den doppelten Stadtplan gesehen. Was hast du dabei gefühlt?

Anneliese Auth, 11 Jahre


Mein Leben

Hallo, ich bin Lucy und 20 Jahre alt. Ich erzähle euch heute von meinem Leben, seit meine Eltern tot sind. Vor zwei Jahren, als ich 18 und damit volljährig geworden bin, haben meine Eltern mit mir gefeiert. Doch zwei Wochen nach meinem Geburtstag saß ich auf der Straße, meine Eltern waren verstorben, als sie für die Feier einkaufen fahren wollten. Als ihnen ein Motorradfahrer entgegen kam, wich mein Vater aus und sie prallten gegen einen Baum. Seitdem lebe ich auf der Straße. Mir war es immer peinlich und ich war einsam. Ich bettelte um Geld, aber als ich dann auch noch krank wurde, konnte ich nicht mehr, ich wollte zu einem Arzt. Also ging ich zum B.O.J.E -Bus. Als ich sah, dass viele Leute dort waren, ging ich wieder. Ich bin einfach zu schüchtern. Am nächsten Tag kam ich nicht mehr hoch, weil es sich so anfühlte, als hätte ich einen Anzug aus Blei an. Ich zwang mich mit Mühe und Not aus dem Schlafsack und ging noch einmal zum B.O.J.E.-Bus – das steht für B: Beratung, O: Orientierung, J: Jugendliche/junge, E: Erwachsene. Ich ging also rein und guckte mich um – überall Spiele, Bücher und sogar Internet. Alle waren nett und ich fühlte mich wohl. Ich erzählte einer Frau mein Problem und sie sagte, dass in einer halben Stunde der Arzt kommen würde und ich mich so lange ausruhen kann. Ich setzte mich zu den anderen und spielte mit ihnen ein paar Brettspiele. Der Arzt kam pünktlich nach einer halben Stunde. Er erklärte mir, was ich hatte und als er mich fragte, ob ich weiß, was diese Krankheit bedeutet, konnte ich ihm alles richtig beantworten. Er sagte, ich sei schlau und fragte, ob ich nicht bei ihm arbeiten will und – naja– ich habe ja gesagt. Ich habe jetzt einen kleinen Job und in eine Einzimmerwohnung bin ich jetzt auch gezogen. Es ist wieder toll zu leben. Aber ich hoffe, dass dieses Wunder nicht nur für mich bestimmt ist. Ich möchte nicht die Einzige sein. Nein, viele andere Leute, denen es nicht gut geht, sollen es auch erleben. Man muss die Hilfe nur zulassen.

Franzisca Volkmann, 11 Jahre


Im Supermarkt

Es ist ein Apfel. Er sieht so frisch aus, glänzt im Licht und ich träume davon, sein saftiges Fruchtfleisch auf meiner Zunge zergehen zu lassen. Ich bekomme plötzlich solchen Hunger – ich muss diesen knackigen Apfel einfach mitnehmen, weil er mich an frühere Zeiten erinnert.

Dann tanze ich im grellen Licht und im Takt der Supermarkt-Musik den Gang mit Putzmitteln entlang. Der durchdringende Geruch von Waschmittel steigt mir in die Nase. Obwohl ich den noch nie mochte, möchte ich das Waschmittel jetzt kaufen, das nach den Kleidern riecht, die meine Mutter früher gewaschen hat. Ich lasse die Packung in den Einkaufswagen fallen.

Dann schlendere ich weiter ins Paradies der Gerüche, in die Abteilung für Tee. Mal riecht es hier nach Kirsche, mal nach Fenchel, mal nach Erdbeere und manchmal umschließt mich dabei ein ungutes, manchmal auch ein warmes Gefühl. Ich packe den Tee ein, der mich an den leckeren Kräutertee meiner Oma erinnert.

An der Kasse lege ich die Sachen, die mich an meine Kindheit erinnern, auf das Kassenband. Mir fehlen genau 5 Cent!

,,Nicht schlimm, der Rest geht auf mich!“, sagt die Kassiererin. Ob sie ahnt, wie wichtig mir die Dinge sind? Es ist jedenfalls schön, dass es solche Menschen gibt. Ich bedanke mich herzlich und gehe schnell davon.

Maja Hähn, 12 Jahre


Ruby und Agnes

Mein Name ist Ruby und ich wohne mit meinem Menschen in einer großen Villa am Kölner Stadtwald. Ich habe ein riesiges Zimmer nur für mich alleine! Wollt ihr wissen, wie ich meine beste Freundin Agnes kennengelernt habe? Der Tag fing eigentlich ganz normal an.

Als ich meinen Namen hörte, wusste ich sofort, dass man mir wieder die Leine umlegen würde – wie immer, wenn es zum Spaziergang in den Park ging. Ich habe diese Leine von Anfang an gehasst und immer versucht, danach zu schnappen. Aber keine Chance!

Zwischen dem angenehmen Duft von Luft und Wald, nahm ich heute etwas Neues, Anderes wahr: Es roch nach Straße und nassem Hund. Und der Gestank wurde immer stärker, je näher wir den Büschen kamen. Plötzlich knackte es. Was war da los? Ich zog jetzt so kräftig an der Leine, dass mein Mensch loslassen musste, um nicht hinzufallen. Ich war jetzt frei! So schnell ich konnte, rannte ich durch das Gestrüpp: Vor mir stand ein Berner Sennenhund, der mir sehr ähnlich sah! Nur, dass seine Haare dreckig und struppig waren. Als die Hündin mich bemerkte, wich sie erst einmal erschrocken zurück.

,,Ich heiße Ruby. Und du?“, fragte ich aufgeregt.

,,Ich bin Agnes“, antwortete sie ängstlich.

,,Wo ist denn dein Mensch?“

Sie blickte traurig zu Boden. ,,Ich habe keinen.“

,,Oh. Das tut mir echt leid.“ Zum ersten Mal war ich sprachlos. Auf meine Nachfrage, wie es denn dazu komme, dass sie alleine unterwegs war, wollte sie aber nicht antworten.

,,Du könntest doch mit uns leben. Platz genug haben wir.“ War das nicht eine tolle Idee?

,,Nein!“, rief Agnes sofort. ,,Ich möchte auf keinen Fall die gleiche schlimme Erfahrung machen wie beim letzten Mal.“

Wir waren eine Weile ganz still, hörten nur von Weitem meinen Menschen nach mir rufen. Lange Zeit blieb mir nicht mehr, um sie zu überzeugen. Das wusste ich.

„Ich fühle mich aber immer so alleine. Und mein Zimmer ist viel zu groß für mich. Ich habe zwar alles, was ich brauche. Nur keine richtige Freundin“, gab ich zu. „Wäre das ein Grund, mitzukommen?“

Agnes starrte lange in den blauen Nachthimmel. Nach einer Ewigkeit antwortete sie: „Unter einer Bedingung.“

„Und die wäre?“, fragte ich – gespannt wie ein Flitzebogen.

„Dass du mich in Ruhe lässt, wenn ich es möchte.“

Ich nickte eifrig.

„Und dass ich gehen kann, wohin und wann ich will.“

Ich war schwer beeindruckt. Mein Blick fiel auf meine eigene verhasste Leine. Von Agnes würde ich noch einiges lernen können, das stand fest. Und so habe ich endlich eine Freundin bekommen. Wir erleben seitdem zusammen eine Menge Abenteuer. Und ich glaube, auch sie hat sich insgeheim eine Freundin wie mich gewünscht.

Carina Bridges, 12 Jahre

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